Wohoo, job done? Parlament und Ständerat haben sich auf die AHV-Reform 2021 geeinigt und für uns angerichtet. Die beschlossenen Massnahmen werden uns alle betreffen. Denn die Höhe der AHV-Renten hängt davon ab. Wir haben die Beschlüsse studiert. Willst du wissen was das für dich heisst?
AHV-Umlageergebnis negativ: strukturelle Geldprobleme
Du hast vermutlich in einem unserer früheren Artikel oder aus den Medien mitbekommen, dass die AHV ziemliche Geldprobleme hat. Dazu muss man wissen, dass die AHV so ähnlich wie ein grosser Fondue-Topf funktioniert, in den Köche laufend Käse hinein raspeln und Gäste sofort den Käse verzehren. Die erste Gruppe sind Leute im erwerbsfähigen Alter und die andere Gruppe sind die Rentnerinnen und Rentner. Die AHV ist also ein umlagefinanziertes System. Die Käsezufuhr in den Topf wird sofort wieder gegessen. Dummerweise gibt’s immer weniger Köche und zu viele hungrige Gäste. Früher gab’s mehr Kinder, also mehr Köche, die lange Käse dazu brachten. Heute leben die Gäste immer länger. Wenn du an das Bild des Topfs zurückdenkst: um stets Genug Geld (Käse) im Topf zu haben, kann entweder “jemand” mehr Geld in den Topf einlegen oder es darf “jemand” weniger viel oder weniger lang in den Fondue-Topf greifen. Oder beides.
Letzte AHV-Reform 2020 an der Urne versenkt
Der strukturelle Mechanismus zur Finanzierung der AHV muss also neu geregelt werden. Die “Altersvorsorge 2020” war der letzte Versuch dazu und ist im Jahr 2017 an der Urne gescheitert. Damals sollten erste und zweite Säule im Paket reformiert werden. Weil das im Bündel nicht funktioniert hat, hat sich der Bundesrat für zwei Etappen entschieden. Etappe 1 “AHV reparieren”, dann Etappe 2 “zweite Säule ins Lot bringen”.
Bei der AHV-Reform hat sich 2021 auf politischer Ebenen Einiges getan. Nationalrat und Ständerat haben sich Mitte Dezember nach langem hin und her auf einen Vorschlag geeinigt. Um die Chancen an der Urne zu erhöhen, haben die Räte den ursprünglichen AHV 21- Vorschlag “frauenfreundlicher” ausgestaltet. Dennoch haben die Gewerkschaften prompt ein Referendum gegen die AHV-Reform angekündigt. Vor’s Volk kommt das Thema aber sowieso, weil für die Erhöhung der Mehrwertsteuer die Verfassung wird. Schauen wir uns also an, was die AHV-Reform 2021 für Frauen und Männer bringen wird.
Eckpunkte der AHV-Reform 2021: Projekt AHV 21
Die Reform zur Stabilisierung der AHV (Geschäft 19.050) sieht vereinfacht gesagt drei wesentliche Massnahmen vor. Erstens soll die AHV 21 für Frauen und Männer ein einheitliches Referenzalter von 65 Jahren bringen. Zweitens kannst du den Zeitpunkt deiner Rente flexibler wählen. Und drittens wird das alles u.a. mit einer höheren Mehrwertsteuer finanziert. Voraussichtlich im September 2022 darfst du über die Punkte abstimmen, auf die sich National- und Ständerat geeinigt haben. Schauen wir uns die Punkte im einzelnen genauer an.
Für eine volle Rente arbeiten Frauen wie Männer künftig gleich lang
Worum geht’s? Künftig werden Frauen und Männer bis zum Referenzalter 65 arbeiten – erst dann erhalten sie eine volle AHV-Rente. Dies höhere Referenzalter gilt nicht nur für die erste, sondern auch für die 2. Säule. Übrigens spricht man künftig vom “Referenzalter”, der Ausdruck “Rentenalter” verschwindet. Das Referenzalter wird mit der AHV 21 für Frauen in vier Schritten von je drei Monaten angehoben.
Wer ist betroffen? Selbstredend betrifft dies die Frauen, vor allem diejenigen mit Jahrgang 1964 und jünger. Die Absicht ist, so den veränderten Lebensmodellen, Erwerbsbiographien und der längeren Lebenserwartung von Frauen mehr Rechnung zu tragen. Falls die Reform 2023 in Kraft tritt, gilt für den Jahrgang 1960 ein Referenzalter von 64 Jahren und drei Monaten, für den Jahrgang 1961 ein Alter von 64 Jahren und 6 Monaten. Ab Jahrgang 1964 soll das Referenzalter für Frauen bei 65 Jahren liegen.
Mit AHV 21 erhalten bestimmte Frauen-Jahrgänge lebenslang Zuschlag zur AHV-Rente
Worum geht’s? Die Folgen des höheren Referenzalters mit der AHV 21 werden für Frauen der Jahrgänge 1960-1968 abgemildert. Sie erhalten entweder einen lebenslangen Rentenzuschlag oder ihre Rente wird bei vorzeitiger Pensionierung weniger stark gekürzt. Abhängig vom Jahrgang und der regulären Rente beträgt der Rentenzuschlag zwischen 12 bis 160 Franken pro Monat. Die Rentenkürzung hängt ebenfalls von der Rentenhöhe ab; Frauen mit tiefen Renten können ohne Kürzung mit 64 in Rente gehen. Als tiefe Einkommen gelten solche bis 57’360 Franken pro Jahr, als mittlere solche bis 71’700 Franken und als hohe Einkommen solche ab 71’701 Franken pro Jahr. Das Ausgleichspaket senkt die Einsparungen durch das höhere Rentenalter um rund ein Drittel.
Wer ist betroffen? Frauen mit Jahrgang 1960 bis 1968 profitieren vom Rentenzuschlag, weil für sie die Veränderung rasch kommt. Jüngere Frauen, also ab Jahrgang 1969 erhalten keine Kompensation für das erhöhte Lebensalter, weil sie genügend Zeit hätten sich auf die Veränderungen einzustellen.
Pensionierung auf Raten mit AHV 21 für Frauen und Männer
Worum geht’s? Neu kannst du gleitend vom Arbeits- ins Rentnerleben wechseln, indem du zunächst nur einen Teil deiner AHV-Rente beziehst und den Rest aufschiebst. Der Rentenbezug kann zwischen frühestens 63 und spätestens 70 Jahren erfolgen. Ausserdem kann der Renteneintritt neu auch in Monats- statt in Jahresschritten erfolgen.
Wer ist betroffen? Von dieser neuen Möglichkeit profitieren alle die einen gleitenden Übergang ins Rentnerinnen und Rentner-Leben geniessen wollen.
Arbeitende Rentner dürfen mit freiwilligen Beiträgen ihre Rente erhöhen
Worum geht’s? Manche Rentner arbeiten im Ruhestand und erzielen daraus ein Einkommen. Das ist grundsätzlich auch im Rentenalter AHV-pflichtig. Deshalb gibt es einen AHV-Freibetrag für Rentner. Dieser liegt derzeit bei 16’800 Franken jährlich (Stand 2021). Auch künftig musst du als Rentner/in keine AHV-Beiträge bezahlen, so lange du weniger als den AHV-Freibetrag verdienst. Bisher wurden jedoch die über den Freibetrag hinaus bezahlten Beiträge nicht mehr zur Rentenberechnung einbezogen. Neu hast du als arbeitende Rentnerin oder Rentner ein Wahlrecht. Du kannst entscheiden, den Rentenfreibetrag zu nutzen oder alternativ auf dem gesamten Einkommen Beiträge zu bezahlen, um deine Rente zu erhöhen.
Wer ist betroffen? Neurentner können so ihre lebenslange AHV-Rente aufbessern, indem sie auch von ihrem Arbeitseinkommen unterhalb des Rentnerfreibetrags AHV-Beiträge bezahlen. Auf diese Art können sie Beitragslücken schliessen und ihr durchschnittliches Jahreseinkommen erhöhen, auf dem die AHV-Rente beruht.
Die Mehrwertsteuer steigt auf 8.1%
Worum geht’s? Denken wir kurz an das Bild der AHV als Topf-Umlagesystem zurück. Die Erhöhung des Referenzalters reduziert den Zeitraum, in dem Frauen Geld aus dem Topf entnehmen. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer sorgt für mehr Geld im Topf. Die Steuer steigt um 0.4% Punkte, um die Reform mit zu finanzieren. Neu beträgt der Normalsatz 8.,1%, der reduzierte Satz 2,6% und der Sondersatz 3,9%.
Wer ist betroffen? Die Mehrwertsteuer ist eine Konsumsteuer. So tragen alle Menschen zur Finanzierung der AHV-Reform bei, die in der Schweiz konsumieren. Über die Mehrwertsteuer leisten auch die Rentner/innen einen Beitrag zur Stabilisierung des Rentensystems.
Renteninitiative und 13. AHV-Rente als weitere AHV-Reformvorschläge
Wie gesagt dürfen wir im Herbst 2022 über die AHV-Reform 2021 abstimmen. Sie dürfte frühestens zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Damit es uns im Dschungel der Abstimmungsvorlagen nicht langweilig wird, dürfen wir noch über zwei weitere Initiativen entscheiden.
Volksinitiative “sichere und nachhaltige Altersvorsorge”
Die Renteninitiative (BBl 2021 1957) will, dass sowohl für Männer und Frauen das Rentenalter auf 66 Jahre angehoben wird. Zudem soll es sich künftig gleich wie die Lebenserwartung entwickeln also automatisch steigen, wenn die Lebenserwartung weiter steigt. Wir finden das im Grunde einen vernünftige Überlegung, weil dies Beitragszahlung und Leistungsbezug koppelt.
Volksinitiative “besseres Leben im Alter”
Die Initiative für eine 13. AHV-Rente (BBl 2021 1505) fordert, dass es eine 13. Rente gibt, ähnlich wie in vielen Anstellungsverhältnissen ein dreizehnter Lohn gezahlt wird. Unter dem Strich fordert die Initiative also eine generelle Rentenerhöhung um 8,33 Prozent. Wir finden das einen einseitigen Ausbau zulasten der Beitragszahler, sprich der jüngeren Generation.
Zusammenfassung AHV-Reform 2021
Die AHV muss finanziell neu aufgestellt werden. Dazu schlägt die AHV 21 für Frauen vor das Rentenalter auf 65 Jahre anzupassen und die Folgen daraus abzumildern. Ferner soll die höhere Mehrwertsteuer mehr Geld einbringen, um das Umlageergebnis der AHV zu stabilisieren. Da diese Massnahmen nicht weit genug gehen, wird die AHV selbst nach Umsetzung der AHV21 bereits 2027 wieder ein negatives Betriebsergebnis, sprich rote Zahlen schreiben. Deshalb hat das Parlament den Bundesrat beauftragt, bis 2026 eine weitere Reform für den Zeitraum ab 2030 auszuarbeiten. Sicher werden wir auch darüber wieder an der Urne abstimmen dürfen. Was ist dann zu erwarten? Ziemlich sicher eine weitere Erhöhung des Referenzalters auf 66 oder 67 Jahre und/oder höhere Steuern zur Finanzierung, da eine Leistungskürzung (tiefere Renten) noch unpopulärer ist.
Du musst jedoch nicht bis Herbst 2022 oder 2027 warten, um deine Zukunft auf stabile Beine zu stellen. Nutze deine Möglichkeiten und mach den ersten Schritt mit uns.
Mach den ersten Schritt zur finanziellen Unabhängigkeit
In einer Minute siehst du deine Vermögensentwicklung und dein Einkommen während der Rente.
Last update: 09.09.2023 11:14