Sandra ist irritiert. Gestern sagten noch alle Facebook sei todsicher und heute hört und liest sie, dass die Aktie um über 20 % abgestürzt ist. Und da soll sie in Aktien investieren? Reines Casino! Wir nehmen Sandra an die Hand und zeigen ihr, mit welchen Tipps sie trotz Facebook Crash beruhigt in Aktien anlegen kann.
Sandra ist 31 und weiss nicht viel vom Finanzmarkt. Sie weiss, dass sie auf ihrem Konto nicht viel Zins bekommt und an der Börse mehr zu holen ist. Sandra ist Single und geniesst in ihrer knappen Freizeit ihr Leben. Schliesslich ist ihr Job im medizinischen Bereich eines Spitals stressig genug. Da braucht sie nicht noch einen Aufreger wie eine abstürzende Facebook-Aktie! Aber irgendwie will sie doch mehr aus ihrem hart verdienten Geld machen, als es auf dem Bankkonto verschimmeln zu lassen. Doch wie anfangen?
Wir schauen uns mit Sandra an, wie’s geht. Dabei greifen wir auf die Erkenntnisse von Jack Bogle zurück, der 1975 Vanguard gründete. Bogle schaut auf über 60 Jahre Anlageerfahrung zurück. Seine Regeln wurden in verschiedenen Marktphasen getestet und haben sich bewährt. Vanguard ist übrigens weltweit der größte Obligationenfonds und der zweitgrößte Vermögensverwalter. Der Erfolg seines Unternehmens beruht auf dem Verkauf von passiven Indexfonds an Anleger, die günstiger angeboten werden als aktiv gemanagte Fonds. Vanguard ist nicht börsennotiert, sondern gehört den Vanguard Fonds und ETFs, die wiederum den Anlegern gehören, die in diese Fonds investieren. Daraus ergibt sich also eine genossenschaftsähnliche Eigentümerstruktur. Nun also zu Jacks Regeln:
1. Investieren, nicht sparen
Wenn Sandra mehr Rendite erzielen möchte als auf dem Bankkonto, muss sie investieren und nicht nur sparen. Mehr Rendite bedeutet mehr Risiko, denn sie setzt ihr Geld als Aktionärin unternehmerisch ein. Die Schwankungen des Marktes sind für Sandras Finanzen jedoch nicht das grösste Risiko – über längere Zeiträume sind die Märkte immer gestiegen. Das viel grössere Risiko ist, dass Sandra gar nicht investiert und dabei zuschaut, wie ihr Geld an Wert verliert.
2. Die Zeit für dich spielen lassen. Now is good
Der Zinseszins-Effekt sorgt dafür, dass auch kleine Beträge über die Zeit zu einem kleinen Vermögen wachsen können. Lass dich nicht von Panikmachern oder selbsterklärten Experten blenden, die dazu raten, den richtigen Einstiegszeitpunkt abzuwarten – now ist good! Jeder Zeitpunkt ist gut, solange es um eine Anlage für einen längeren Anlagehorizont geht. Wir wissen, dass die Aktienmärkte in der Vergangenheit eine positive Wertentwicklung pro Jahr hatten – fast 7 % beim MSCI World p.a. im Durchschnitt. In welchem Jahr es rauf und in welchem es runtergeht, weiss man vorher nicht. Und da wir wissen, dass wir das nicht vorher wissen, ist die sinnvollste Handlungsalternative so lange wie möglich investiert zu sein. Am besten investiert Sandra regelmässig monatlich eine feste Summe am Aktienmarkt – und zwar nur Geld, auf das sie zehn Jahre verzichten kann.
3. Cool bleiben und weghören
An der Börse geht’s rauf und runter – das ist so. Und? Lass dich nicht anstecken oder nervös machen. Warren Buffett, der Selfmade-Milliardär durch Aktienanlagen, bringt es auf die Formel „Sei ängstlich, wenn andere gierig sind und gierig, wenn andere ängstlich sind“. Mit realistischen Renditeerwartungen kannst du langfristig und ohne Emotionen dein Vermögen aufbauen, ohne dich von der Geräuschkulisse der Finanzindustrie stören zu lassen. Super Aktientipp bekommen / gelesen / gehört? Danke, nein. Spare dir die Lektüre von Finanzpornographie, denn die Welt ist voll mit Tipps für Aktienanleger, die Finanzmedien leben davon. Leider wahr: Nicht mal Finanzprofis gelingt es auf Dauer, die besten Aktien auszuwählen – darum liegt die Rendite von aktiv gemanagten Fonds über längere Zeiträume auch unter der am Markt erzielbaren Rendite. Wenn du glaubst, dass du besser bist, lügst du dir die Taschen voll.
4. Bei den Kosten geizig sein
Wie viel ein kleiner Kostenunterschied auf sein Vermögen ausmacht, hatten wir schon einmal mit Reto ausgerechnet. Mit dem passiven Produkt hat Reto mit seinem Anlagehorizont fast doppelt so viel als beim aktiven Produkt im Sack. Kleinvieh macht ordentlich viel Mist! Geld kostet Geld. Darum ist es wichtig, dass du auf günstige Kosten achtest: beim Kauf, bei der Verwaltung und bei der Lagerung im Depot. Sparen kannst du mit günstigen ETFs und preiswerten online Brokern. Du brauchst keinen Fondsmanager, keine Bank, auch keinen gehypten Robo-Advisor. Nimm deine Anlage einfach selbst in die Hand. So geht’s.
5. Auf den Mix setzen
Investieren ist wie Cocktails mixen. Was dein Cocktail braucht, ist Zeit, damit er sich voll entfalten kann, er muss die richtige Mischung an Zutaten haben und er muss dir schmecken. Dazu nimmst du eine Mischung aus den Anlageklassen Aktien, Obligationen und Sparbuch. Wenn’s sein muss, noch Immobilien dazu. Je nachdem, ob du eher rassige Cocktails magst, die dich schnell umhauen können, oder eher sanfte, nicht-alkoholische. Bei den Obligationen setzt du auf langweilige, erstklassige Herausgeber (z.B. Staatsobligationen oder staatsnahe Emittenten). Die Wahl deiner Zutaten erklärt über 90 % der Portfoliorendite – und nicht, ob du zum richtigen Zeitpunkt ein- oder aussteigst (sogenanntes Market Timing) oder die richtigen Aktien erwischt (sogenanntes Stock Picking). Die Balance der Zutaten in deinem gemixten Cocktail sorgt auch dafür, dass dein Cocktail nicht allzu fest einfährt, wenn die Aktien südwärts schwanken.
6. Märkte statt Aktien kaufen
Kennst du noch Swissair? Das Unternehmen ist pleite, die Aktien wertlos. Nokia? War mal der weltweite Marktführer für Handies. Tempi passati, jetzt sind die Aktien billig. In der Kapitalmarkttheorie wird das Wertschwankungsrisiko in systematisches und unsystematisches Risiko aufgeteilt. Gegen das unternehmensspezifische (sog. unsystematische) Risiko kannst du nichts tun. Wenn du Facebook-Aktien hast und die crashen, bist du halt dabei. Dumm gelaufen. Aber das systematische Risiko kannst du durch Diversifikation eliminieren. Darum lässt du besser die Finger von Einzelaktien und setzt du auf passive Indexfonds oder ETF, die ganze Märkte wie zum Beispiel den SMI, den Eurostoxx oder S&P500 abdecken. So geht’s: In Aktien anlegen mit wenigen ETF.
7. Gring ache u seckle – du musst es durchziehen
„Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten und schauen Sie die Papiere nicht mehr an. Nach vielen Jahren werden Sie sehen: Sie sind reich.“ Dieses Bonmot von André Kostolany, einem herausragenden Börsenexperten und Journalisten, zeigt, wie wichtig es ist, einen langfristigen Anlagehorizont einzunehmen und durchzuhalten. Dies wird häufig auch mit „buy & hold“ Strategie umschrieben: Aktien kaufen und halten: „Time statt Timing“. Kims Raketen, Trumps Strafzölle, Erdogans Währungsprobleme, Griechenlands Schuldenproblem, Italiens wievielte Neuwahl? Egal. Die vergleichsweise hohe Rendite von Aktienanlagen geht auf relativ wenige Tage mit hohen Kurssteigerungen zurück. Wenn du dann nicht investiert bist, verlierst du erheblich Rendite. Beispielsweise trugen die 15 besten Börsentage seit Einführung des Deutschen Aktienindex 1987 fast die Hälfte zu dessen Gesamtrendite bei. Die meisten der besten Börsentage lagen in stürmischen Zeiten. Das gilt auch an der Schweizer Börse: Wenn du im Zeitraum von 1990 bis 2015 mit rund 6000 Tagen nur die 10 besten Tage nicht investiert warst, sinkt deine durchschnittliche Aktienrendite von 6.7 % um 3 Prozentpunkte auf 3.7 %. Also Aktienindex (und nicht Einzeltitel) kaufen, liegen lassen und insbesondere bei schlechten Zeiten nicht verkaufen. Denn die besten Tage liegen oft nahe bei den schlechtesten. Darum durchhalten.
8. Die Schäfchen ins Trockene bringen
Nur Bares ist Wahres – Buchgewinne sind erfreulich, aber erst, wenn du sie realisierst, sind sie echt. Darum musst du dir auch rechtzeitig Gedanken machen, wann du dein Geld brauchst. Denn in deinem Cocktail kann der Aktienanteil bitter werden. Darum fängst du am besten ein paar Jahre vorher an, deine Aktien-ETFs schrittweise in weniger schwankungsanfällige Anlagen (erstklassige Obligationen, Sparbuch) umzuschichten. Oder bildlich gesprochen: den Cocktail mit Wasser verdünnen.
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Last update: 18.11.2024 19:08