Last update: 13.12.2020 08:32
In den letzten Wochen wurde viel darüber geredet, wie sich das Corona-Virus COVID-19 auf die globale Wirtschaft und die Aktienmärkte auswirken wird. Es läuft geradezu ein News-Hype: wie viele Menschen sind in welchem Land am Virus aktuell erkrankt oder gestorben? Doch welche Auswirkungen des Corona-Virus auf deine Aktien gibt es? Lies weiter und behalte den Durchblick.
Unbestritten wird es Auswirkungen des Corona-Virus auf die Wirtschaft geben
China ist ein sehr wichtiger Außenhandelspartner für Europa. Daher können sich länger anhaltende Unterbrüche oder Ausfälle der Produktion in China und Störungen der Lieferketten negativ auf das Wirtschaftswachstum in der Schweiz und Europa auswirken. Zudem treffen die Ausreiseverbote aus China Fluggesellschaften und den Tourismus, was uns in der Schweiz negativ beeinträchtigt. Da ausserdem viele Fluggesellschaften ihren Betrieb von und nach China ganz oder teilweise eingeschränkt haben, ist die Frachtkapazität viel kleiner als sonst, was die Frachtpreise erhöht. Für China selbst wird ein wesentlicher Rückgang des Bruttosozialprodukts von ca. 2% Punkten erwartet und für die Weltwirtschaft erwarten Finanzexperten eine vorübergehende, aber doch wesentliche Einbusse im globalen Wachstum Anfang 2020. Aufgrund der Vorsichtsmassnahmen in europäischen Ländern und auch der Schweiz finden Anlässe nicht statt, vielen Unternehmen entsteht ein wirtschaftlicher Schaden. Und was heisst das für dich, von welchen Auswirkungen des Corona-Virus auf deine Aktien solltest du ausgehen?
Die kurze Antwort ist: man kann es nicht wirklich wissen
Niemand weiss wie sich das Virus weiter verbreitet. Deshalb ist die Schwankung an den Aktienmärkten so hoch. Dennoch lohnt es sich, die Auswirkungen des Corona-Virus auf deine Aktien in Perspektive zu setzen. Per Samstag 7. März 2020 soll COVID-19 den Tod von 3’500 Menschen auf der ganzen Welt verursacht haben (laufend aktualisierte Quelle). Das sind mehr als bei der Atemwegserkrankung SARS 2002/2003, bei der weltweit 774 Menschen starben. Die Sterberate von COVID-19 ist mit rund zwei Prozent deutlich niedriger als bei SARS (10%), aber deutlich höher als bei einer normalen Grippe (0.01-0.1%). Zudem verläuft ein sehr großer Teil der Corona-Infektionen vergleichsweise milde – ebenfalls per 7. März 2020 sind 57’5700 wieder geheilt. Im Vergleich dazu gibt Jahr für Jahr zehntausende Todesfälle durch die Grippe. Gemäss Bundesamt für Gesundheit führt die Grippe (Influenza) allein in der Schweiz jedes Jahr zu 112’000 bis 275’000 Arztbesuchen. Krankheitskomplikationen führen zu mehreren tausend Hospitalisationen und mehreren hundert Todesfällen. Nur allein in der Schweiz. Influenzaviren sind vor allem in der kalten Jahreszeit unterwegs und verursachen praktisch jeden Winter eine Grippewelle. Während der Grippeepidemie 2018/19 haben rund 2% der Schweizer Bevölkerung wegen grippeähnlicher Erkrankungen einen Arzt aufgesucht.
Aber: die Auswirkungen des Corona-Virus auf deine Aktien im Kontext einordnen
COVID-19 ist neu, es ist darum beängstigend, weil das Corona-Virus nicht einschätzbar ist und es keinen Impfstoff gibt. Aber nach allem was wir heute wissen hat die normale Grippe eine viel grössere wirtschaftliche Auswirkung. Deren Effekt ist in die Aktienmärkte “eingepreist”, weil sie nichts Neues ist. Der Vergleich von COVDID-19 zur Grippe oben zeigt, dass wir Menschen wirklich schlecht in der Bewertung relativer Risiken sind. Es ist ein bisschen dasselbe Prinzip wie bei der Flugangst: Menschen haben Angst davor bei einem Flugzeugabsturz zu sterben, aber sie denken nicht über das Risiko nach, das sie auf dem Weg mit dem Auto zum Flughafen tragen. Denn es ist viel wahrscheinlicher, dass du beim Autofahren als beim Fliegen verletzt oder getötet wirst. Pro 100 Millionen Kilometer gibt es mit dem Auto 20 mal mehr Tote als beim Fliegen.
Die Aktienmärkte haben immer wieder ein “Corona-Virus”
Und es gibt immer wieder etwas Beängstigendes, Neues, das die Finanzmärkte zum Einsturz zu bringen droht. Im letzten Jahrzehnt haben wir uns unter anderem mit den Flash Crashs, der griechischen Staatsschulden-Krise und der Schulden-Krise in vielen anderen europäischen Ländern, zwei Black Mondays (2015, 2018), dem Kapriolen des chinesischen Aktienmarkts und dem Brexit herumgeschlagen. In letzter Zeit hatten wir auch mit einer inversen Renditekurve und einem Handelskrieg zwischen den USA und China zu kämpfen. Und wenn der Aktienmarkt mal gerade nicht mit einem massiven externen Problem zu kämpfen hatte, waren alle davon überzeugt, dass die aktuelle Marktstabilität nur ein Indiz dafür sein kann, dass der Markt bald abzustürzen wird… Und trotzdem sind die weltweiten Aktienmärkte Jahr für Jahr für Jahr gestiegen. Von 1926 bis 2018 hast du über jeden beliebigen Anlagezeitraum von mehr als 13 Jahren mit Schweizer Aktien immer eine positive Gesamtrendite erzielt. Dies kannst du aus dem Renditedreieck für den Swiss Market Index ablesen. Der Wertzuwachs am Schweizer Aktienmarkt lag von Anfang 1926 bis Ende 2018 im Durchschnitt bei 7.6%. Ähnliche Werte erreichst du mit Anlagen in weltweite Aktienmärkte.
Zusammenfassung
Was solltest du daher mit Blick auf Auswirkungen des Corona-Virus auf deine Aktien unternehmen? Gar nichts. Keep cool. Wir wissen, dass ist vielleicht eine kontra-intuitive Antwort und schwierig in einem stark korrigierenden Marktumfeld. Nicht die für dich zufriedenstellendste Antwort, aber sie ist vermutlich die richtige. Die Aktienmärkte bewegen sich auf Grundlage neuer Informationen. Und zwar so, wie diese neuen Informationen mit den Erwartungen der Anleger übereinstimmen. Wenn die News besser sind, als alle dachten, steigt der Aktienmarkt. Wenn die News schlechter sind als erwartet, sinkt der Aktienmarkt. Wir können jedoch nicht wissen, was als Nächstes passiert. Und die schlechten News sind bereits in die Kurse eingepreist. Darum kannst du dir überlegen, ob du die nun günstigeren Kurse nutzen möchtest, um dein Engagement am Aktienmarkt auf- oder auszubauen. Denn es gilt immer noch: Time, not Timing. Wir haben die schwachen Tage genutzt, um unsere Aktien-Position auszubauen. Im Vertrauen auf den langfristigen Wachstumstrend. Und folgen dabei der alten Börsen-Weisheit des Bankiers Rothschild: „Kaufen, wenn die Kanonen donnern, verkaufen, wenn die Violinen spielen”.
Darum solltest du dich an die langweiligen Dinge halten, von denen wir wissen, dass sie funktionieren: deine Anlagen entsprechend deiner Risikotoleranz und deinen Bedürfnissen aufteilen, diszipliniert investiert bleiben und dich auf deine langfristigen Ziele konzentrieren.