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Einmalbetrag am Aktienmarkt anlegen: So gehst du vor

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Lesedauer 6 Minuten

Ist jetzt der richtige Zeitpunkt zu investieren? Oder soll ich lieber warten bis die Börsen wieder gefallen sind? Und überhaupt ist es nicht besser abzuwarten bis die nächste Rezession vorbei ist? Im diesem Beitrag schauen wir uns an wie du einen grösseren Einmalbetrag am Aktienmarkt anlegen kannst. 

Diese Fragen fallen alle in die Kategorie “Market Timing”: gibt es den richtigen Zeitpunkt für einen Einstieg am Aktienmarkt? Kann man mit Market Timing, also dem richtigen Zeitpunkt für Kauf und Verkauf von Aktien, höhere Renditen erzielen? Mit diesen Fragen haben sich Wissenschaftler und Finanzexperten seit Jahrzehnten ausgiebig beschäftigt. Sie haben dazu auch verschiedene Strategien entwickelt, wie du als Anleger die Angst überwinden kannst, zum falschen Zeitpunkt deinen Einmalbetrag am Aktienmarkt anzulegen. Schauen wir uns diese genauer an.

Wachstum des Produktivvermögens und Inflation wirken sich gegenläufig auf dein Vermögen aus

Zunächst einmal lohnt es sich, die langjährige empirische Untersuchung der Banque Pictet zu studieren. Diese hat untersucht, wie du einen Einmalbetrag am Aktienmarkt  anlegen konntest. Das Erstaunliche: von 1926 bis 2018  hast du über jeden beliebigen Anlagezeitraum von mehr als 13 Jahren mit Schweizer Aktien immer eine positive Gesamtrendite erzielt. Dies kannst du aus dem Renditedreieck für den Swiss Market Index ablesen. Der Wertzuwachs am Schweizer Aktienmarkt lag von Anfang 1926 bis Ende 2018 im Durchschnitt bei 7.6%.  Und zwar pro Jahr! So weit zum deiner Angst “zum falschen Zeitpunkt zu kaufen”. Wenn du für einen längeren Zeitraum anlegst, kannst du mit Schweizer Aktien nichts falsch machen. Zumindest in der Vergangenheit.

Aber wenn du nicht investierst, schon. Denn über längere Zeit verlierst du mit ziemlicher Sicherheit. Denn die Inflation entwertet schleichend dein Vermögen. Beispielsweise sank die Kaufkraft von Cash in den USA in den 10 letzten Jahren um mehr als 15%.

Crash-Timing-Strategie: erst kaufen wenn’s billiger ist

Ich höre dich nun sagen “aber die Börsen stehen nahe ihrem Allzeithoch, ich kann doch nicht grad jetzt kaufen? Ich warte lieber, bis die Kurse gefallen sind.” Deine Aussage legt nah, dass du an “Crash-Timing” glaubst. Diese Strategie strebt danach, billig einzukaufen und teuer zu verkaufen. Der Strategie zufolge suchst du dir einen marktbreiten Aktienindex aus (z.B. MSCI World oder S&P500) und wartest, bist der gewählte Index um einen bestimmten Prozentsatz (z.B. 20%) gefallen ist. Und zack, dann schlägst du zu, zu günstigeren Preisen, wenn deine definierte Verlustschwelle erreicht ist!

5% reales Wachstum deines Vermögens sind besser als zuschauen

Tönt gut oder? Mag sein, dass Crash-Timing in der Theorie zwar super klingt. Nur leider funktioniert das in der Praxis schlecht. Hierzu ein fun fact. Der US-amerikanische Index S&P500, der die US-Unternehmen mit der grössten Marktkapitalisierung umfasst, notiert in 60% aller Fälle innerhalb von 5% seines Rekordstands. Wohoo! Ach ja, und nur in 12% der Zeit mehr als 20% unter seinem letzten historischen Höchstwert. Oops. Wenn du also auf einen grossen Rücksetzer wartest kann dies erstens lange dauern und zweitens ziemlich Rendite kosten. Wieso? Während du auf deinen Rücksetzer wartest, erzielen globale Aktien von 1970 bis 2018 munter Jahr für Jahr eine nominale Rendite von durchschnittlich 7,5%. Bereinigt um die Inflation wächst dein Kapitel real immer noch um 4,7% pro Jahr.

Crash-Timing-Strategie funktioniert nicht

In einem Backtesting für den MSCI World für den Zeitraum von 1970 bis 2019 haben Finanzexperten gezeigt, dass die wahrscheinlichkeitsgewichtete Rendite einer Crash-Timing-Strategie für alle möglichen Verlustschwellen zwischen 5% und 50% unter der Rendite für eine sofortige Direktanlage liegt. Deutlich gesagt: wenn du mit der Anlage des Einmalbetrags am Aktienmarkt zuwartest, verlierst du als langfristiger Anleger Geld. Falls du dennoch glaubst, dass du mit Crash-Timing oder Market Timing besser fährst als mit einer direkten Sofortanlage, spricht leider Einiges dafür dass du deine Fähigkeiten überschätzt. Denn das gelingt auch den meistens Profis nicht.

Strategie “sofortige Direktanlage”: direkt den Einmalbetrag am Aktienmarkt anlegen

Die sofortige Direktanlage eines Einmalbetrags am Aktienmarkt ist also die Strategie mit der höchsten erwarteten Rendite. Das ist logisch, denn gemäss Finanztheorie erzielen risikoreichere Anlageklassen langfristig höhere Renditen als risikoärmere Anlageklassen. Darum ist es sinnvoll, nicht benötigtes Cash sofort anzulegen. Denn die Märkte entwickeln sich aufgrund von technischem Fortschritt, Bevölkerungs- und Konsumwachstum historisch in einem langfristigen Aufwärtstrend. Das Backtesting hat verdeutlicht, dass dies auch in den letzten 50 Jahren die beste Strategie war wenn du einen Einmalbetrag am Aktienmarkt anlegen willst. Welche Gründe führen dazu, das dies die beste Strategie ist?

Fallende Märkte sind eher selten

Ein Rückgang der Aktienmärkte mit schnellem, andauernden Kursverfall und monate- oder gar jahrelanger Erholungsdauer tritt in der Regel nur alle paar Jahre auf. Wenn du in einem langfristig steigenden Markt nicht investiert bist, schliesst dich das von der hohen Wahrscheinlichkeit von wachsenden Kursen auf höhere Niveaus aus. Denn selbst in Abschwungphasen fällt das Kursniveau vom höheren Hausse-Niveau oft nicht so stark zurück.

Cash erzielt geringe oder keine real Rendite

Zwar mag Cash kurzfristig sicher erscheinen. Langfristig ist Cash im Hinblick auf Inflation jedoch riskant. Wie kannst du im aktuellen Niedrigzinsumfeld mit 0% auf dem Lohnkonto oder Sparbuch eine nennenswerte Rendite nach Inflation erzielen? Selbst wenn dir das gelingt, ist die Rendite von Aktien oder Anleihen höher. Cash senkt also die Gesamtrendite deines Anlageportfolios. Bei der sofortigen Direktanlage ist diese Belastung im Vergleich am kleinsten, bei einer schrittweisen Anlage mittel, bei einer Crash-Timing-Strategie maximal ausgeprägt.

Schauen wir uns nun neben Crash-Timing und sofortiger Direktanlage zwei weitere Strategien an, mit denen du einen Einmalbetrag am Aktienmarkt anlegen kannst. Diese können in bestimmten Situationen sinnvoll sein.

Durchschnittskostenstrategie: in Häppchen den Einmalbetrag am Aktienmarkt anlegen

Finanzmathematisch ist zwar die sofortige Direktanlage die Strategie der Wahl um die Rendite zu maximieren. Doch vielleicht ist dir deine emotionale Verfassung wichtiger und du willst nicht bereuen, zum “falschen Zeitpunkt” eingestiegen zu sein? Dann empfindest du das Risiko eines potentiell ungünstigen Anlagezeitpunkts belastender als den Verlust, nicht die maximale Rendite aus deinem Geld rauszuholen. Es kann verschiedene Gründe geben, weshalb du das Risiko bei der Anlage als besonders hoch empfindest. Beispielsweise wenn du einen für dich sehr hohen Einmalbetrag am Aktienmarkt anlegen willst, der sich über die Zeit angesammelt hat. Oder wenn der Betrag nur einmal anfällt, z.B. aus Erbschaft, Versicherungsleistung, Kapitalauszahlung, Verkauf von Immobilien.

Schrittweise von Staatsanleihen in Aktien umschichten

Wenn du mehr Peace of Mind suchst, kannst du die Durchschnittskostenstrategie anwenden. Bei dieser Strategie investierst du im ersten Schritt deinen Einmalbetrag vollständig in Staatsanleihen. Diese schwanken im Vergleich zu Aktien weniger stark und weisen ein geringeres Risiko von Kursrückgängen auf. Im zweiten Schritt verkaufst du in regelmässigen Abständen Staatsanleihen und schichtest so schrittweise und stur einen immer gleich grossen Betrag in Aktien um. Wenn das Kursniveau am Aktienmarkt gerade hoch ist, bekommt du weniger Anteile als bei einem tieferen Niveau. Im Durchschnitt erzielst du so einen mittleren Einstandspreis. Dieser liegt in einem langfristig steigenden Markt unter dem aktuellen Kursniveau und bei einem rückläufigen Aktienmarkt über dem aktuellen Kursniveau. Ergänzend kannst du bei Kursrückgängen von mindestens 5% Zusatzkäufe in gleicher Betragshöhe vornehmen, denn meistens sind solche Kursrückgänge vorübergehend.

Peace of Mind hat seinen Preis

Mit der Durchschnittskostenstrategie erhöhst du die Rendite deines Portfolios im Vergleich zu einer Crash-Timing-Strategie, weil du deinen Einmalbetrag zunächst in Staatsanleihen anlegst. Aber auch diese Strategie fällt hinter die Rendite einer sofortigen Direktanlage zurück. In einem Backtesting zeigte sich ein durchschnittlicher Nachteil in der Rendite von 0.8 – 4.4%. Dieser lag umso höher, je länger die Umschichtung von Cash in ein gemischtes Portfolios aus 60% US-Large Cap-Aktien und 40% US-Staatsanleihen dauerte. Die Renditeunterschiede wurden für Umschichtungsdauern von 3, 6, 9 und 12 Monaten ermittelt.

Fortgeschrittene können den Einmalbetrag am Aktienmarkt anlegen mit Short Put-Strategie

Optionen geben dem Käufer das Recht aber nicht die Pflicht, einen genau definierten Basistitel (Underlying) zu einem vorher definierten Preis zu kaufen (Call-Option) oder zu verkaufen (Put-Optionen). Diese Rechte sind handelbar und haben einen Preis. Wenn du ein Recht verkaufst, bekommst du dafür eine sogenannten Prämie, die dir der Käufer des Rechts bezahlt.

Wenn du deine Aktienquote erhöhen, aber auf einen Kursrückgang warten möchtest, kannst du als Verkäufer von Verkaufsoptionen (Puts) eine kleine Prämie einnehmen. Indem du Put-Optionen mit einem Abschlag auf den aktuellen Kurswert des Underlyings verkaufst (Short Put), gibst du anderen das Recht, dir zum vereinbarten Kurs (Ausübungspreis) während der Laufzeit des Puts die vereinbarte Anzahl des Underlyings zu verkaufen. Steigt der Kurs des Underlyings kassierst du die Prämie, denn niemand wird dir das Underyling zur Kauf andienen. Die Option verfällt wertlos. Du jedoch verbesserst durch die eingenommene Optionsprämie die Rendite deines Portfolios. Sinkt der Kurs aber unter den vereinbarten Ausübungspreise, musst du als Verkäufer des Puts deinem Vertragspartner das Underlying zum vereinbarten Ausübungspreis abkaufen. Dabei kommt der Einmalbetrag zum Zug: mit diesem kaufst du die dir angedienten Aktien / ETFs um von Cash in Aktien umzuschichten, was du ja sowieso wolltest.

Der Handel mit Optionen ist nur für erfahrende Anleger geeignet, denn die Strategie ist nicht risikofrei. Die erhaltene Optionsprämie trägt zwar dazu bei die Rendite deines Portfolios zu erhöhen, aber du trägst bei Verkauf von Short Puts grundsätzlich ein prinzipiell unbegrenztes Verlustrisiko, da das Underlying theoretisch wertlos werden kann. Ausserdem entstehen bei stark oder anhaltend steigenden Märkten durch den Verkauf von Short Puts Opportunitätskosten, weil du nicht investiert bist.

Zusammenfassung: Time, not timing.

Das rationale und aus der Finanztheorie abgestützte Vorgehen sieht vor, dass du direkt deinen Einmalbetrag am Aktienmarkt anlegen solltest, und zwar sofort. Der Grund dafür ist, das nicht investiertes Geld keine oder im Vergleich zu anderen Anlageklassen als Aktien tiefere Rendite erzielt und wegen der Inflation real an Wert verliert. Wie du ein Depot zum Kauf von Aktien eröffnest und worauf du achten musst, findest du in diesem Beitrag.

Verschiedene Gründe können jedoch dazu führen, dass eine schrittweise Anlage am Aktienmarkt für dich besser passt. Dabei den richtigen Einstiegszeitpunkt zu finden ist praktisch unmöglich und du erkaufst dies mit einem Renditenachteil gegenüber der sofortigen Direktanlage. Denn es gilt auch hier die Börsenweisheit “Time, not Timing”. Das bedeutet, dass du den grössten Teil der Rendite aus dem Anlagemix und einem langen Anlagehorizont erzielst, und nicht aufgrund deiner Entscheidung über den Zeitpunkt des Kaufs/Verkaufs oder der Titelauswahl.

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Last update: 20.03.2022 16:11

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Thomas verfügt über mehr als 30 Jahre Expertise als Privatanleger in fast allen Anlageklassen und zwei Vorsorgesystemen. Er gestaltet seit vielen Jahren einfache Kunden- und Serviceerlebnisse, bewegt Menschen und Organisationen und hat ein tiefes Verständnis für die Herausforderungen von Menschen bei Finanzthemen gewonnen. Thomas bringt mit seinem Background als Doktor in Wirtschaftswissenschaften Themen einfach und pragmatisch auf den Punkt.
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